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Wilkommen im Zeitalter der Digitalpolitik

Die E-ID-Abstimmung ist vorbei. Es war rückblickend aber keine Abstimmung wie jede andere: Sie hat während des Abstimmungskampfes eine besondere Dynamik erfahren und dabei auch unsere Partei nicht unberührt gelassen. Sie markierte aber hoffentlich auch den Anfang eines neuen politischen Kapitels.

Noch ein paar Monate vor der Abstimmung schien die E-ID niemanden gross zu interessieren, die SVP-Basis stand gemäss Umfragen noch zu weiten Teilen hinter dem Gesetz. Am Abstimmungssonntag zeichnete sich dann aber ein anderes Bild: Nicht nur die Mehrheit der Stimmbevölkerung, auch die Mehrheit der SVP-Basis lehnte die Privatisierung der E-ID ab. Dies, da muss man auch fair sein, aus mehreren Gründen: Einigen beinhaltete die Vorlage zu viel, anderen zu wenig Staat.
Viel zentraler ist aber, dass erstmals ein breiter, öffentlicher Diskurs über die staatliche Rolle in der Digitalpolitik stattgefunden hat. Diese Kategorie fristete lang eher ein Schattendasein in der öffentlichen Wahrnehmung: Ob in Brüssel Upload-Filter für Memes (die Bilder mit lustigem Text darüber) beschlossen wurden, ein neues Datenschutzgesetz vom Parlament verabschiedet wurde oder auch das E-Voting-Debakel: Eine grosse Präsenz blieb diesen Themen verwehrt, dies wird aber ihrer Wichtigkeit nicht gerecht.
Denn in der Digitalpolitik geht es oftmals auch um Kernanliegen der SVP: Eine faire Demokratie, sowie eine starke Meinung- und Handlungsfreiheit. Der Ruf nach Regulierung wird immer lauter: So gibt es in einigen Ländern Bestrebungen, Facebook, Twitter & Co. für strafbare Inhalte auf ihrer Website direkt strafbar machen zu können. Die sich darauf ableitenden Konsequenzen sind unschwer abzuschätzen: Die Plattformen werden rigoros zensieren, um möglichen Problemen auszuweichen. Dies könnte dann dazu führen, dass viele kritische Beiträge gelöscht werden, auch wenn diese nicht mal am Rand der Illegalität sind (Das Zenturgesetz, über welches wir vor guten einem Jahr abgestimmt haben, lässt an dieser Stelle grüssen).
Nebst der regulatorischen Seite die Digitalisierung auch eine andere Seite für den Staat: Wir müssen ihn selbst digitalisieren. Das ist im Kern wahrscheinlich nicht mal umstritten. So können wir die Prozesse schlanker, automatisierter und niederschwelliger gestalten. Damit einhergehend kann der ganze Apparat verschlankt werden, was dann auf der Kostenseite wieder Vorteile für den Steuerzahler bringt. Hier ist es aber mit der Umzugsmeldung auf der Website der Gemeinde längst nicht getan. Beispiel gefällig? Vor Monatsfrist ist die Vernehmlassung zum «Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ)» zu Ende gegangen. Dieses Gesetz kann im Kontext des Grossprojektes Justitia 4.0 betrachtet werden, welches die gesamte Justiz bis 2027 weitgehend digitalisieren will. Die parlamentarischen Beratungen darüber stehen gemäss Fahrplan ab Ende 2022 an, doch es findet ausserhalb von Fachkreisen nahezu kein Diskurs statt. Dabei tangiert das Projekt eine unserer Staatssäulen in der täglichen Arbeit enorm. Man stelle sich vor, ähnliche Bestrebungen würden für die Legislative laufen: Die Medienpräsenz wäre von Anfang an garantiert.
Am meisten Beachtung hat in den letzten Jahren (wenn auch auf tiefem Niveau) wahrscheinlich noch das E-Voting erhalten. Glücklicherweise wurde dieses Projekt auf nationaler Stufe vorderhand mal abgebrochen, trotz gescheitertem Referendum. Dass uns E-Voting aber irgendwann wieder beschäftigen wird, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Absolut sichere IT-Systeme wird es aber auch dann nicht geben, was das Vertrauen in unsere Demokratie bei Missbrauch massiv schwächen könnte. Trotzdem müssen wir uns auch der Frage stellen: Wie digital kann unsere Demokratie werden? Bei E-Collecting beispielsweise haben wir eine andere Ausgangslage: Im Worst-Case stimmen wir einmal zu viel ab. Solange am Ende aber noch immer ein sicheres, demokratisch legitimiertes Abstimmungsresultat vorhanden ist, ist das nur halb so tragisch. Es könnte aber verhindern, dass sich künftig Ereignisse wie die aktuelle Pandemie als wahre Demokratiebremsen herausstellen.
Was muss sich also ändern? Vor allem eines: Wir als Gesellschaft, aber vor allem auch wir als Partei müssen uns stärker für diese Themen sensibilisieren. Wir brauchen einen Diskurs, Strategien und Leitlinien, wie wir die Digitalisierung der Schweiz vorantreiben wollen. Die Grünen haben beispielsweise bereits ihre zweite Resolution zu diesem Thema verabschiedet. Diesen Konzepten stehen aktuell aber leider keine anderen und besseren gegenüber, man überlässt ihnen das Feld.
Und wir müssen uns alle verinnerlichen: Das Internet ist nicht nur 20 Minuten, Facebook und das E-Mail: Es ist mittlerweile zu einer zweiten Realität geworden und die Grenzen verschmelzen je länger je mehr. Digitalpolitik betrifft uns also alle.

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SVP Gemeinderat (ZH)
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